Das Patienteninterview / La présentation de malades

Das Patienteninterview ist eine von Jacques Lacan erneuerte Form der klassischen psychiatrischen „Krankenvorstellung“. Eine Psychoanalytikerin oder ein Psychoanalytiker führt dabei in einer psychiatrischen Abteilung ein Gespräch mit einem Patienten – vor einem stillen, aufmerksamen Publikum aus Klinikern, Pflegenden und Analytikern in Formation.
Im Unterschied zur traditionellen Psychiatrie, die in der Präsentation vor allem das Zeigen von Symptomen sah, steht hier das Wort des Subjekts im Mittelpunkt. Das Gespräch wird zu einem Ort, an dem das Subjekt Zeugnis ablegt, Übertragung entsteht und Lehre möglich wird – für den Patienten, das Publikum und die Klinik gleichermaßen.

Diese Praxis wirkt belebend in einem Umfeld, das durch Verwaltung, Evaluation und Standardisierung oft das Begehren der Fachleute erschöpft. Indem sie das Einzigartige jedes Falles betont und sich der Reduktion auf diagnostische Kategorien widersetzt, führt sie das klinische Denken zu seinem lebendigen Kern zurück: zum Zuhören, zur Überraschung und zur Entdeckung eines neuen, singulären Wissens.

Die Präsentation ist damit zugleich klinisch, didaktisch und ethisch – ein Ort, an dem das Unbewusste sprechen kann und an dem die Klinik als lebendige Praxis erfahrbar bleibt.

Verantwortlicher: Norbert Leber